Samstag, 3. Januar 2015

Beschriftungen mit OpenSCAD

"Hat vielleicht einer von Euch eine Ahnung, wie ich auf das STL File einen Schriftzug drauf bekomme?" So begann eine Mail vor zwei Tagen an die Mailingliste des OpenLab Augsburg. Es sollte auf einer Tasse eine Beschriftung ergänzt werden:


Wenn es eine perfekte Welt gäbe, würde man die Quelldatei dieser Tasse in sein Lieblings-3D-Programm laden, das Textwerkzeug aktivieren und einfach loslegen. In der Wirklichkeit liegt meist keine Quelldatei vor, oder wie in diesem Fall im Solidworks-Format. Solidworks ist kommerzielle Software in einem Preissegment, welches hier nicht zur Verfügung steht - deshalb ist diese Datei hier ziemlich nutzlos.

Bleibt die .STL Datei. Mein Lieblings-3D-Programm ist OpenSCAD. Damit kann man .STL Dateien importieren und manipulieren. Was die Textfähigkeiten betrifft, da gibt es mehrere Möglichkeiten:
  • benutzen einer Text- / Fontbibliothek
  • benutzen einer aktuellen Entwicklerversion (ich verwende hier die Version 2014.09.05 bzw. 2014.12.30)
  • beides kombinieren
Wie man grundsätzlich einen Text auf ein Objekt draufbekommt, habe ich im letzten August schon einmal anwenden müssen. Als Mitbringsel wollte ich zwei Flaschenöffner mit den Namen der Beschenkten drucken.


In diesem Fall wurde die Bibliothek More_Fontz verwendet. Damit kann man aus einer Sammlung von über 500 Fonts aus der Google Web Font Sammlung wählen und Texte in OpenSCAD in die dritte Dimension bringen. Die Anweisungen

include <more_fontz\Aclonica.scad>;
fontscale=.11;

scale([fontscale,fontscale,fontscale])
  Aclonica("Karlheinz", 

     steps = 2,
     center = true, 
     extra = 10, 
     height = 90);



erzeugen dann dieses Textobjekt:

Da der Flaschenöffner an der zu beschreibenden Stelle eine Rundung hat, erzeugt man erst die Schnittmenge aus der Schrift und dem Öffner und erhält das hier:


Dieser Schriftzug ist genauso gerundet wie der Öffner. Nun braucht man ihn nur nuch um ca. 1mm versetzt auf den Öffner platzieren:

Dieser Trick klappt natürlich nur dann, wenn das Objekt nicht zu sehr gekrümmt ist. Versuche, die Tasse damit zu beschriften scheitern, wenn man größere Buchstaben möchte und/oder wenn man große Teile des Umfangs beschreiben will. Auch die kürzlich in OpenSCAD eingebaute text() Funktion alleine kann das nicht. Allerdings werden lokale Fonts des Betriebssystems benutzt. So muss man nicht extra eine große Fontsammlung mitschleppen.

Die Lösung für gekrümmte Oberflächen liefert die Bibliothek text_on. Schon in den Beispielen sieht man die vielfältigen Möglichkeiten. Die obige Tasse ist im wesentlichen ein Kegelstumpf der dem Beispiel rechts entspricht:
  • Man bindet die Bibliothek ein
    use <text_on.scad>

  • Lädt, dreht und positioniert die Tasse
    rotate([0,0,0])
    translate([-55,-72,-23])
    import("Coffee_Cup.STL", center=true);

  • Schreibt und positioniert den Text auf einen gleichartig geformten Kegelstumpf (unten ⌀70mm, oben ⌀109mm, Höhe 96mm)
    tanslate([0,0,0])
    rotate([0,0,180])
    text_on_cylinder(t="Markus", r1=71/2, r2=109/2, h=96,
                     font="Courier New:style=Bold",
                     direction="ltr", size=30, updown=0,
                     eastwest=-80, extrusion_height=5);
  • Leider ist die Bibliothek nicht in der Lage, den Text mittels halign="center" zu zentrieren. Da muß man ein wenig mit dem eastwest Parameter spielen, bis es passt. 
In der Praxis erweist sich diese Bibliothek auch noch als viel schneller und genauer in der Vorschau als More_Fontz. Wenn man alles richtig gemacht hat, sollte man in etwa das hier im Vorschaufenster sehen:

Zufällig hat der Anfragende auch noch ein kleines Problem mit seinem Drucker. Er hat mich gebeten die Tasse zu drucken. Die 17MB .gcode Datei hat mein Drucker heute früh um 08:50 bekommen. Nach etwas über 10h war er fertig. Es waren 17m Filament nötig. Es wurden 42g Filament in Faberdashery's Firetruck Red verdruckt:



Hier sieht man sehr schön, was passiert, wenn man "in die Luft" druckt. Die Unterkannten der Buchstaben sind Überhänge. Die sind generell schwierig zu drucken. Normalerweise braucht man dafür Stützmaterial. Ich bin aber ziemlich sicher, dass ein paar Hübe mit einer Feile ebenso zu einem brauchbaren Ergebnis führen.















Freitag, 2. Januar 2015

NASA - 3D Druck - Knarre - was steckt im Inneren?

Beim letzten Versorgungsflug zur Internationalen Raumstation war auch ein 3D Drucker mit in der Ladung. Inzwischen ist er eingebaut und absolviert die ersten Testdrucke. Leider hält sich die NASA nicht an die etablierten Standards der Reprap Community. Man druckt erst einmal einen 10mm x 10mm x 10mm Würfel, dann einen Yoda, vielleicht noch eine Vase. Dieses Döschen gehört keinesfalls zu den anerkannten Testobjekten! ;-))

Eines der Testobjekte ist eine funktionsfähige Knarre / Ratsche von der die NASA auch die 3D Datei veröffentlicht hat:

Und tatsächlich - die Ratsche wird an einem Stück gedruckt (Schichthöhe 0,2mm) und lässt sich nach ein wenig herumwackeln verwenden. Leider sperrt die Ratsche nur in einer Richtung - sie ist nicht umschaltbar. In der Community machte sich auch ein breites hämisches Grinsen breit, weil es die NASA offensichtlich noch immer nicht geschafft hat, auf das metrische System umzustellen. Es ist schwierig, sich 3 in-lb als Drehmoment in Nm vorzustellen. Es sind 0,34 Nm.

Nun, was steckt im Innern dieser Ratsche? Man zerlege die .STL-Datei und erhält 3 einzelne Objekte:

  • die Knarre bzw. das Knarrengehäuse


  • ein Sperrrad


  •  eine Sperrklinke

Das Ratschengehäuse habe dann auch noch in zwei Hälften geteilt, damit man auch reinsehen kann:


Und so wird's dann gedruckt:

Und wenn's fertig ist, sieht das dann so aus:










Donnerstag, 1. Januar 2015

Gehäuse für einen Transistortester

Als Elektronikbastler hat man nach ein paar Jahren eine beachtliche Anzahl an elektronischen Bauelementen in seinen Vorräten. Um schnell herauszubekommen welches Bauteil man vor sich hat und vor allem wie es mit den wichtigsten Werten dieses Bauteils aussieht, ist üblicherweise ein Multimeter das geeignete Messinstrument. Es hat aber so seine Grenzen. Da passte es gut, daß in der Folge 147 des "Computer Club 2" Wolfgang Rudolf zwei Komponententester vorstellte:


Der Funktionsumfang ist beachtlich. Die Entwicklung findet in Deutschland statt - Hardware als auch Software und ab und zu gibt es eine Sammelbestellung für die Bauteile und Platinen. Findige Chinesen jedoch, bieten diesen Komponententester als Fertiggerät an. Ebay listet jede Menge Treffer, wenn man nach "Transistortester" sucht. Es gibt sie in diversen Ausprägungen und Größen. Teils mit Gehäuse, die meisten kommen ohne. Ich habe mir für 20€ (incl. Verssand) einen mit graphischen Display bestellt und vor kurzem erhalten:

Er funktioniert wunderbar! Hat aber, wie das Pollin Display auch, alle Kontakte offen und ist so eigentlich nicht zu benutzen. Diesesmal wurde ich auch weder bei Heise, noch bei Thingiverse fündig nach einem fertigen Gehäuse zum Selberdrucken. Also wird halt eines konstruiert.

Der erste Prototyp hatte natürlich jede Menge Fehler:









Das Loch für den Batterieclip war zu klein, die Position zweier Löcher passte um 1mm nicht, hier zu niedrig, dort zu kurz ... aber nach 3 Iterationen ließ es sich tatsächlich zuschrauben.



Es besteht aus drei Teilen:
  • Eine Grundplatte, auf der die Platine festgeschraubt wird. Unter dem Display ist Platz für die 9V Blockbatterie. Das Kabel mit dem Batterieclip schiebt man einfach durch die Aussparung durch. Die Platine ruht auf 2mm hohen Ständern, so daß es auf der Lötseite genug Platz hat.Vorn hält eine M3x8 Schraube mit Mutter die Platine fest.
 
  • Ein Batteriefachdeckel war notwendig, weil ich einerseits bei einem Batteriewechsel nicht alles auseinandernehmen wollte, andererseits die 9V Blockbatterie zu dick war, als daß sie ganz unter die Displayerhöhung hätte Platz finden können. Ich wollte hier auch unbedingt etwas rundes haben. So hab ich mit diversen Zylindergrößen experimentiert, solange, bis es mir gefallen hat. Aktuell hat der verwendete Zylinderabschnitt einen Durchmaesser von 70mm. Schöner Nebeneffekt - das Display lässt sich so auch besser ablesen. Auch hier kommen M3 Schrauben zum Einsatz. Die 3mm Bohrungen ermöglichen es der Schraube, sich ein Gewinde selbst zu schneiden. Man darf die Schrauben nur nicht überdrehen, dann hält das sehr gut zusammen.
 


  • Der Deckel für das Display ist kürzer als die Grundplatte, weil der vordere Teil des Testers frei bleiben muß für das Testobjekt.





Und so sieht das fertige Gehäuse in Faberdashery's Electric Blue aus:


Alles Nötige zum Nachdrucken habe ich auf Youmagine veröffentlicht. Dort findet man auch die OpenSCAD-Quelldatei sowie ein PDF mit den Bemaßten Zeichnungen.

Have Fun!