Montag, 30. März 2015

Ein neuer Griff für den Kühlschrank

Seitdem ich einen 3D Drucker habe, warte ich darauf, dass etwas im Haushalt kaputt geht, um es durch ein 3D gedrucktes Teil zu ersetzen - bisher ohne Erfolg - es ist einfach noch nichts kaputt gegangen.

Dann ergab sich eine Situation am Stammtisch. Schon im Dezember letzten Jahres hat mich Werner angesprochen ob es möglich wäre, einen Kühlschrankgriff mittels 3D Druck zu erneuern.

Mein erster Entwurf war rein aus dem Gefühl heraus konstruiert worden und sollte lediglich eine Machbarkeitsstudie (auch für mich und OpenSCAD) sein. Abgerundete Oberflächen sind mit OpenSCAD nicht gerade trivial zu erstellen. Er bestand aus zwei ausgehöhlten Halbkugeln und einer Griffplatte. Dieser Entwurf kam aber nicht weiter in Betracht, da er zu weit weg vom Original war.



Vor 2 Wochen ist dann der defekte Griff endlich mit zum Stammtisch gebracht worden und konnte vermessen werden. Die Maße habe ich (ganz altmodisch) in ein Skizzenbuch eingetragen und nebenher bereits ein paar Vorstellungen skizziert, wie das Teil einmal aussehen könnte.


Nachdem ich den echten Griff gesehen habe und das Ersatzteil diesem ziemlich nahe kommen soll, habe ich noch am Stammtisch eine neue Konstruktion begonnen.




Die gemessenen Werte werden als Variable in OpenSCAD eingetragen:

oben_l=112.5;
oben_b=46;
oben_h=7;
rundung_r=4;

unten_l=106.5;
unten_b=40;
unten_h=12.5;

innen_l=89;
innen_rundung_d=19;




Im unteren Teil besteht der Griff aus einem Oval geformten Körper mit für die Finger passender Vertiefung. In OpenSCAD formuliert man zwei Zylinder und setzt mit der hull() Funktion eine Hülle darum.

hull()
{
  cylinder(h=unten_h, d=unten_b);
 

  translate([unten_l - unten_b, 0, 0])
    cylinder(h=unten_h, d=unten_b);
}    

Die Griffmulde wird durch ein 8-eckiges Prisma (eigentlich ein Zylinder mit 8 Facetten) erzeugt. Um der Asymetrie des Originals näher zu kommen ist das Prisma um 10° gedreht.

translate([(-unten_b / 4) - 1.5, 0, 20])
 rotate([0, 90, 0])
  rotate([0, 0, 10])
   cylinder(h=3 + (unten_l - unten_b / 2), d=unten_b * 0.9, $fn=8);


Die Differenz sieht dann so aus:
Damit ist der untere Teil fertig und steht in OpenSCAD als Modul zur Verfügung.

Der Obere Teil besteht aus einer Platte mit Langloch:


Die Ecken der Platte bekommt man mittels einem Zylinder und der minkowski() Funktion abgerundet.

difference()
{
  minkowski()
  {
    cube([oben_l - 2 * rundung_r, oben_b - 2 * rundung_r, oben_h / 2]);
    cylinder(r=rundung_r, h=oben_h / 2, center=false);
  }
  translate([(innen_rundung_d / 2) - rundung_r + (oben_l - innen_l) / 2, oben_b / 2 - rundung_r, 0])
  hull()
  {
    translate([0, 0, -0.5])
    {
      cylinder(h=oben_h + 1, d=innen_rundung_d);
      translate([innen_l - innen_rundung_d, 0, 0])
       cylinder(h=oben_h + 1, d=innen_rundung_d);
    }
  }
}


 Um die Oberseite der Platte ein wenig rund zu bekommen, kann man die Schnittmenge mit einem großen Zylinder bilden. Nachdem ich ein paar Werte ausprobiert hatte, ergaben 200 mm Durchmesser eine ausgewogene Rundung:

intersection()
{
  translate([-7, 20, -95])   
    rotate([0, 90, 0])
      cylinder(d=200, h=oben_l+5);
  oben();
}


Auch hier ist die Achse des Zylinders ein wenig verschoben um der Asymetrie des Originals näher zu kommen. Auch dieser Teil steht als Modul zur Verfügung.

Zusammengebaut ergeben die beiden Module den fertigen Kühlschrankgriff:

Im Quellcode habe ich auch gleich eine Möglichkeit eingebaut, die Ansicht im Vollschnitt zu erzeugen. Damit erhält man einen Einblick in den Querschnitt des Griffs:



Damit konnte der erste Prototyp gedruckt werden. Dabei ergeben sich weitere Überlegungen. Wenn der Griff so wie abgebildet gedruckt wird, braucht man sowohl außen herum, als auch innen Supportmaterial um die Teile der Platte abzustützen, die überhängen. Nach dem Druck muss das Material entfernt werden - und das kann ziemlich aufwändig werden, wenn es sich zu sehr mit dem eigentlichen Objekt verbindet. Hier sieht man noch Teile davon innen und unten rechts:


Druckt man den Griff genau anders herum benötigt man nur minimalen Support für die Rundung. Ich habe beide Varianten ausprobiert und im Ergebnis ist die zweite besser geworden. Hier sieht man die beiden Prototypen und in der Mitte den kaputten Griff:


Als nächstes kam die Farbauswahl. Von allen Farben die ich von Faberdashery habe, war "Bling Bling Gold" diejenige, die der Holzoptik am Nächsten kam. Daraufhin habe ich dann das Filament bestellt.

Nach ein paar Tagen traf es ein und die beiden Griffe konnten gedruckt werden. Der Empfänger muss allerdings die Oberfläche noch ein wenig abschleifen. Durch den zwar minimalen Support sind die obersten Schichten nicht so schön geworden. Auch die Wölbung ist daran Schuld. Das dürfte durch das Abschleifen aber kompensiert werden.

Weil ich immer mal wieder nach den Preisen gefragt werde, habe ich mir hier auch einmal mit den Kosten beschäftigt. Das Material stammt von Faberdashery aus Manchester. Die Bestellung enthielt eine Spule in weiß sowie die 20m Gold á 0,39£. Die anteiligen Transportkosten liegen bei 2,21£. Macht zusammen umgerechnet 13,76€.

Natürlich kann man hier auch noch eine Rechnung über die benötigte Zeit aufmachen. Abmessen, konstruieren und ausprobieren kostet Zeit. Aber letztlich ist es ein Hobby und da spielt Zeit einerseits keine Rolle und andererseits ist das was man an Erfahrung gewinnt bei einem solchen Projekt eh unbezahlbar.

Inzwischen sind die beiden Ersatzgriffe montiert:



Die Dateien zum Nachdrucken befinden sich hier.








Dienstag, 24. März 2015

Drucken mit Holzfilament

Im Sommer letzten Jahres habe ich während meines Besuchs der FabCon 3.D in Erfurt ein kurzes Stück Laywoo-D3 bekommen. Dieses Filament besteht aus 60% PLA und 40% Holz in der Form von feinen Spänen. Entwickelt hat es Ende 2012 Dipl.-Ing. Kai Parthy aus Köln. Es ist nicht gerade günstig - 250g kosten etwa 20,- €. Weil man mit einem kurzen Stück nicht viel anfangen kann, habe ich mir einen 250g Ring bestellt. Ich war ziemlich überrascht, denn das bestellte Filament war wesentlich dunkler als das Sample von der Messe. Hier im Video sieht man dieses helle Filament:



Zunächst wollte ich herausfinden, in wie weit man eine Maserung durch die Änderung der Temperatur erreichen kann. Ich habe also erst einmal ein paar Farbchips gedruckt, so wie ich es mit allen meinen Materialien mache. Ich kann aber keine Farbunterschiede feststellen, obwohl ich einen Temperaturbereich von 185°C bis 230°C ausprobiert habe.

Dafür lässt es sich aber gut drucken. Es haftet sehr gut auf meiner mit Holzleim beschichteten Glasplatte - auch noch nach dem Abkühlen. Einigen Tipps aus der Community zufolge soll man es mit einer 0,5mm Düse drucken. Ich habe den Test mit meinem 0,4mm J-Head gemacht und bin im Ergebnis nicht zufrieden.

Von diesen ersten Erfolgen getrieben, kam als nächstes ein Baumstumpf-Stiftehalter dran. Dieses Teil misst 17 x 16 x 16 cm und hat ein Volumen von 757cm³. Es soll in ca. 12h fertig gedruckt sein. Es benötigt 33m Filament und soll am Ende 84g wiegen:


Die ersten 6h klappte das auch sehr gut. Aber kaum lässt man den Drucker alleine ... war der Druckkopf bereits 20mm oberhalb der zuletzt gedruckten Schicht - ohne Material zu extrudieren. 

Erste Diagnose: Düse verstopft.

Ich habe daraufhin erst einmal das Filament herausgezogen. Am unteren Ende ist es fast schwarz:


Der Teil der auf Höhe des Hobbed Bolt war, zeigt deutliche Frässpuren:


Natürlich hatten sich die abgefrästen Späne in die Vertiefungen der Vorschubschraube gesetzt, so dass ich diese ausbauen und säubern musste. Anschließend habe ich die Verstopfung beseitigt. Dazu nutzt man die spezielle Eigenschaft von PLA ab ca. 80°C zäh zu werden. Man heizt die Düse auf 180°C auf und drückt (idealerweise) klares PLA so weit nach unten, wie es geht. Anschließend lässt man das Ganze auf ca. 80°C abkühlen und zieht das Filament zurück. Man bekommt dann neben dem klaren Filament auch die verstopfenden Reste mit aus dem Hotend:


Man wiederholt die Prozedur so lange, bis alle Fremdkörper draußen sind. In meinem Fall hat das beim dritten Mal zu einer freien Düse geführt. Man kann nun den Rest ganz normal extrudieren. Am Ende sollte das klare Filament unten herauskommen.

Nun sollte der Rest des Baumstumpfs fertig gedruckt werden. Dazu musste ich die 36 MB .gcode Datei editieren. Ich fuhr mit der Düse auf die Höhe der zuletzt gedruckten Schicht und erhielt für Z den Wert 75,6mm. Im .gcode sucht man nun diesen Wert und schneidet alles was davor war weg, weil es ja bereits gedruckt ist.

Ein paar Befehle zur Initialisierung und Positionierung ergänzen den Anfang der Datei und es konnte los gehen. Dieses Mal klappte es und der Baumstumpf war nach ein paar Stunden fertig. Er löste sich aber auch nicht von der Glasplatte. Diese war noch vom Drucken mit reinem PLA mit einer Schicht Polyvinylacetat (Holzleim) eingestrichen gewesen - möglicherweise war das daran schuld. Jedenfalls gelang es mir nicht, den Stumpf heil vom Glas zu trennen. Ein Teil der untersten Schichten blieben fest mit dem Glas verbunden.





Da half nur noch der Glaskeramik-Herdhobel ... nach einer halben Stunde war die Glasplatte sauber und von allen Resten befreit. Nochmal zum Schluss mit Aceton die Fingerabdrücke und Fettreste entfernen um die 3 untersten Schichten nochmal drucken zu können.

Die Haftung auf einer sauberen, kalten (!!) Glasplatte ist wirklich phänomenal. Nach dem Druck konnte ich aber mit der Hilfe eines Messers die Bodenplatte abnehmen und mit Holzleim (!!) unten an den Baumstumpf kleben. Ich möchte noch die Ränder ein wenig mit Heißluft verschmelzen, so dass man hier die Nahtstelle nicht mehr sieht.

Ebenso überraschend wie die Haftung auf kaltem Glas sind die sehr feinen Fäden, die außen und zum Teil auch innen sind. Diese verschwanden nach der Behandlung mit Heißluft ebenfalls. Es ist mir ebenfalls gelungen, ein paar farbliche Akzente zu setzen. Nun sieht der Baumstumpf ein wenig natürlicher aus.

Da der Baumstumpf wieder ein Geburtstagsgeschenk wird, musste ich noch ein weiteres Objekt drucken, welches anschließend in meine "Ausstellung" darf. Eine Eule sollte es werden.



Da das Original 77mm * 69mm * 150mm misst und das restliche Filament dafür nicht ausreicht, habe ich die Eule auf 50% skaliert. Auch hier hat es mir nach etwa 4/5 die Düse verstopft. Nachdem sie wieder frei war habe ich ebenfalls versucht, den Rest der Eule zu drucken - aber nach wenigen Schichten war wieder Ende.



Damit bin ich durch mit diesem Material. Es will einfach nicht durch eine 0,4mm Düse. Die halbfertige Eule dient nun als schlechtes Beispiel.

Als Fazit kann ich jedem nur empfehlen: Nur drucken, wer eine Düse mit 0,5mm Durchmesser hat.