Sonntag, 22. Februar 2015

Ein Halter für kleine Filamentspulen

Mein Mendel90 hat vom Konstrukteur einen Spulenhalter bekommen, der große (ca. 2,2kg, 300mm x 85mm) Spulen auf 4 Kugellager nahezu ohne Widerstand rollen lässt. Kleinere Spulen können nicht verwendet werden, da die Kugellager sowohl längs als auch quer zu weit auseinander montiert sind.

Da Faberdashery bis vor kurzem nur loses Filament verkaufte, habe ich mir gleich zu Anfang Leerspulen besorgt und jedes Mal vor dem Drucken die jeweilige Farbe auf die Spule gewickelt. Inzwischen gibt es ausgewählte Farben auf Spulen und mein Experiment mit NinjaFlex hat ebenfalls dazu geführt, eine Lösung für kleinere Spulen zu finden.

Tatsächlich ist das Ergebnis bereits seit August letzten Jahres fertig zum Einsatz. Und so sieht es aus:

Die Idee stammt von Tony Lock. Er hat seine Gedanken zur Konstruktion in einem ausführlichen Blogeintrag dokumentiert. Lediglich die Montage am Drucker gefällt mir nicht. In seinem Entwurf wird der Spulenhalter an die linke hintere Ecke geschraubt. Ich will den Spulenhalter aber nicht fest montieren. Außerdem will ich die Filamentführung zum Extruder weiter benutzen. Deswegen habe ich das Original so umkonstruiert, dass man ihn in die Rahmenplatte einstecken kann und nach Gebrauch kann er genauso schnell wieder entfernt werden.

Im OpenSCAD Quelltext habe ich folgendes geändert:

  • Werte für 608er Kugellager, M8 Schrauben/Muttern/Beilagscheiben eingetragen
  • Wert für die Dibond-Plattenstärke hinzugefügt
  • Montageplatte um 6mm verstärkt
  • Anweisungen für die Montagelöcher auskommentiert
  • Anweisungen für die Aussparung hinzugefügt.
  • Werte bei den Lagerenden korrigiert

Alle Dateien stehen auf Thingiverse zur Verfügung. Neben den gedruckten Teilen braucht man noch

  • 4 608er Kugellager
  • 4 M8 Beilagscheiben
  • 2 M8 x 40 Schrauben
  • 2 M8 (Nylock-) Muttern
Viel Spaß beim Nachbauen!

 

Samstag, 14. Februar 2015

Eine weiche Nudel soll durch ein Nadelöhr ...

... so ähnlich muss man es sich vorstellen, wenn man es mit flexiblem Filament zu tun hat. Neben den klassischen Filamenten aus ABS und PLA haben sich am Markt eine Vielzahl von spezielleren Filamenten etabliert. Filamente die den Objekten ein metallisches oder holzartiges Finish geben, fast unkaputtbares Nylon und allerlei mehr. Während bei den meisten Materialien lediglich die Temperatur und die Haftung problematisch sein kann, stellen flexible Filamente an den Drucker und der Vorbereitenden Prozesskette ganz spezielle Anforderungen. Üblicherweise übt das Material beim Vorschub Druck auf die Düse aus. Es darf also bauartbedingt kein Weg für das Filament möglich sein, sich aus dem Weg zur Düse herauszuwinden. Glücklicherweise ist das bei meinem Mendel90 bereits vom Konstrukteur gut gelöst worden.

Auch Thomas Sanladerer hat ein Video zu diesem Thema gemacht:



Im Sommer letzten Jahres habe ich während meines Besuchs der FabCon 3.D in Erfurt am Stand von Fenner Drives ein Stück NinjaFlex-Filament in schwarz bekommen. Schon lange hatte ich den Wunsch, einmal auch mit flexiblem Filament zu experimentieren. Leider war das Stück nur einen knappen Meter lang - zum Experimentieren viel zu kurz, weil man sich erst einmal ein funktionierendes Profil für seinen Slicer erarbeiten muss.

So lag das Stück Monate lang in einer der Filament-Tüten und wartete auf seinen Einsatz. Der hat nun letzten Samstag stattgefunden. Nachdem eine ganze Spule mit 750g rotem NinjaFlex bei mir eingetroffen war, konnte es losgehen. 

Zunächst einmal musste ein Profil für Slic3r erstellt werden. In der RepRap-Community gibt es bereits Leute, die schon Erfahrungen gemacht und diese auch veröffentlicht haben. Nachfolgend auszugsweise und übersetzt die Tipps von Daniel Bull, Sanjay Mortimer und Robert Wozniak.

Nach vielem Ausprobieren bekomme ich nun ziemlich gute Ergebnisse mit NinjaFlex (auch mit komplexen Objekten). Das Erste was man bemerkt ist das Gegenteil von dem was man normalerweise hat in Bezug auf die Haftung am Druckbett. Anstelle von Wärme, Haarspray, Leim usw. was man verwendet um die Haftung zu erreichen wird man erleben, dass die Haftung viel höher ist und man Probleme bekommt, das Objekt vom Druckbett zu lösen. Unbehandeltes und nicht erwärmtes Glas funktionieren perfekt.
Beim Extruder ist es notwendig, Temperaturen zwischen 210°C und 225°C zu haben. Ich habe jedoch schlechte Erfahrungen mit diesen Werten an meinem Mendel90 gemacht. Das Problem liegt darin, dass die Flexibilität des Materials es verhindert, Druck in das Hotend zu bringen. Es knickt und staucht sich gegen die Wände im Hotend. Das Erhöhen der Temperatur auf 240°C hat das Problem vollständig gelöst.
Einen Ratschlag, den ich ziemlich oft gesehen habe war "kein zurückziehen mit NinjaFlex" begleitet von Bildern mit von feinen Fäden durchzogenen  Drucken. Ich jedoch habe Rückzugparameter sowohl in der Länge als auch in der Geschwindigkeit noch erhöht und bekam viel bessere Ergebnisse. dadurch. 

Sanjay Mortimer:

Zuallererst druckt man mit einer konstanten Geschwindigkeit - Perimeter, Füllung, alles. Nimm einen ziemlich niedrige Wert von ungefähr 30mm/s - auch für die erste Lage nicht langsamer drucken. Der Grund liegt darin, dass man mit einem möglichst stabilen Gesamtsystem arbeiten möchte. Veränderungen in der Geschwindigkeit und der Extrusionsrate beeinflussen das Extrudat drastisch. Reine Bewegungen sollten so schnell erfolgen, wie es die Maschine zulässt. Rückzüge sollten aggresiv und lang erfolgen.
Robert Wozniak:
Ich denke, die Schwierigkeit beim Drucken von flexiblem Filament ist, dass es im Hotend einknickt sobald der Vorschub zu hoch ist. Sobald es einknickt und man keinen ausreichend langen Rückzug hat um dem Knick zu entgegnen, ist es vorbei. Der Reibungskoeffizient des flexiblen Urethan-Filaments ist so hoch, dass man es niemals weiter nach unten drücken kann. Es knickt nur noch weiter ein, bis der Raum vollständig gefüllt ist.
Vermeide große Flächen ohne Rückzug. Falls notwendig, ändere das Objekt, so dass es Rückzieher erzwingt, oder ändere die gcode-Datei.

Auch der Hersteller selbst hat eine ansehnliche Sammlung von Tipps auf einer eigenen Supportseite. Eine FAQ und ein Forum runden das Ganze ab. Damit sollte es möglich sein, ein geeignetes Profil für den Slicer zu konfigurieren.

Aber so einfach sollte es nicht werden. Zu Beginn bin auch ich in die "keinen Rückzug" Falle getappt, obwohl die ersten Testobjekte schon vielversprechend waren:

Lediglich die oberste Schicht ist hier zu bemängeln. Als nächstes druckte ich eine Halterung für eine GoPro-Kamera:
Hier sind deutlich die feinen Fäden zu erkennen, die die Düse bei Bewegungen heraustropfen lässt. Deshalb habe ich obige Quellen zu Rate gezogen und weitere Korrekturen am Profil vorgenommen. Als nächstes Testobjekt sollte ein Bumper für mein Nexus 4 gedruckt werden. Einer der ersten Versuche sah so aus:
Da kam nach und nach immer weniger Material aus der Düse heraus, bis schließlich der Fluss vollständig zum Erliegen kam. Die Ursache ist höchstwahrscheinlich dass es wie oben beschrieben, zum Einknicken des Filaments gekommen ist, trotz erlaubtem Rückzug. Da ich am Design des Bumpers nichts ändern kann - und ich auch nicht weiß, welche Designänderung zu mehr Rückziehern führt, müsste ich mehr Rückzieher in die gcode-Datei einbauen.

Wie oft bzw. wann soll zurückgezogen werden? Obige Quellen geben leider keinen Hinweis auf diese Frage, so habe ich einfach mal damit begonnen, alle 10mm Vorschub einen Rückzug in die gcode-Datei einzubauen. Dazu habe ich ein kleines awk-Script geschrieben. Da an meinem Drucker eh ein Raspberry Pi den Druck durchführt, kann man auch damit die gcode-Datei ändern. Das Script liest jede Zeile der gcode-Datei ein, gibt sie wieder aus und prüft, ob an 4. Position ein "E" vor kommt. Falls ja wird der Wert hinter dem E aufsummiert. Ist die Summe größer als 10 werden die Rückzug-Anweisungen ausgegeben und die Variable mit der Summe auf 0 gesetzt. Das Spiel beginnt von Neuem:

BEGIN { extrude=0; }
{     print $0;
    if(match($4,/E/))
    {
        e=substr($4, 2);
        extrude+=e;
        if(extrude > 10)
        {
            printf("; awk insert\n");
            printf("G1 E-10.00000 F7500.00000\n");
            printf("G1 E10.10000 F7500.00000\n");
            printf("G1 F900.000\n");
            printf("; awk insert\n");
            extrude=0;
        }
    }
}


Mit dieser Änderung ist mir dann auch endlich die erste Schicht des Bumpers gelungen:

Gestern wollte ich dann auch den vollständigen Bumper drucken. Das klappte aber erst, nachdem ich die Geschwindigkeit auf 15 mm/s gesenkt hatte. So dauerte der Druck knappe 6 Stunden. Aber das Ergebnis ist gut geworden. Das Telefon passt rein und die seitlichen Taster lassen sich bedienen:






Ich denke, dass ich jetzt ein gut funktionierendes Profil auch für andere Objekte habe. Erwähnenswertes wird in späteren Posts Beachtung finden.

Vielen Dank für's lesen!